City-Maut: Wer ausstößt, soll zahlen
Ein Vorschlag für eine saubere Lösung dreckiger Probleme
Kaum ein Tag vergeht, ohne dass eine neue Meldung über schmutzige Diesel und noch schmutzigere Städte in den Nachrichten erscheint. Seit dem Aufdecken des Dieselabgas-skandals vor gut vier Jahren folgt eine Unschuldsbeteuerung der nächsten. Niemand will von millionenfach illegal eingebauten Abschalteinrichtungen in Diesel-Pkw auf Prüfständen gewusst haben. Warum auch? Denn nur so konnten die Autobauer Dieselwagen als umweltfreundliche Art zu reisen propagieren und den Verkauf ankurbeln. Verbraucherinnen und Verbraucher wurden reihenweise getäuscht. Tricksende Unternehmen und untätige Politikerinnen und Politiker nahmen (und nehmen noch immer) in Kauf, dass seit Jahren über 80 000 Personen jährlich frühzeitig aufgrund von Luftverschmutzung in deutschen Städten sterben (European Environment Agency , 2017). Maßnahmen der Bundesregierung zur Verringerung der Feinstaub- und Stickoxidbelastung zeigten kaum Wirkung. Gegen den Wunsch der Regierung versuchen viele Städte nun das städtische Luftverschmutzungsproblem mit Diesel-Fahrverboten zu bekämpfen. Eine weitere Option um die Luft unserer Städte sauberer zu machen wäre die Einführung einer City-Maut.
Doch der Möglichkeit eine Gebühr zu verlangen, dafür dass unsere Städte verschmutzt werden dürfen, wird kaum Beachtung geschenkt. Dabei ist die Wirkung einer City-Maut unter Ökonomen weit verbreitet und anerkannt: Individuen betrachten bei der Entscheidung, ob eine Fahrt in die Stadt unternommen werden sollte, nur ihre eigenen Kosten. Private Spritkosten und Zeitkosten werden dem privaten Nutzen der Fahrt gegenübergestellt. Niemand bedenkt aber die Kosten, die durch diese Fahrt der Gesellschaft aufgebürdet werden. Niemand denkt über den Schadstoffausstoß nach, den diese Fahrt mit sich bringt. Der Grund hierfür ist eindeutig: es kostet ja nichts in die Stadt zu fahren und Stickstoffoxide und Feinstaub massenweise in die Luft zu stoßen. Die Lösung der Nichtbeachtung externer Umweltkosten des Straßenverkehrs liegt in der City-Maut: Eine Gebühr, die genau den externen sozialen Kosten durch emittierte Schadstoffe entspricht, konfrontiert die Individuen mit den wahren Kosten der unternommenen Fahrt. Sollte die persönliche Wertschätzung der Fahrt noch immer größer als der Preis sein, entscheidet man sich für die Fahrt. Wenn nicht, wird auf die Fahrt verzichtet und man weicht auf Alternativen aus. Eine verursachergerechte Preissetzung führt also zu einer gesellschaftlich optimalen Schadstoffmenge.
Dieselfahrerinnen und Dieselfahrer, die beim Kauf ihrer Fahrzeuge Investitionen getätigt haben, werden durch Dieselfahrverbote unverhältnismäßig stark getroffen. Kann nicht der Großteil der Dieselbesitzerinnen und Dieselbesitzer, die dachten einen umwelt- und klimafreundlicheren Kraftstoff zu nutzen, auch als Opfer der Industrie bezeichnet werden? Vom Ressourcenverbrauch durch den Rebound-Effekt, dass funktionierende Autos ausgemustert und durch neue ersetzt werden, ganz zu schweigen.
Anstatt eine wirkliche Unterstützung für die getäuschten Verbraucherinnen und Verbraucher zu sein, führen Fahrverbote somit zu großen Werteverlusten des eingesetzten Kapitals. Eine City-Maut würde dies umgehen.
Eine City-Maut lässt Emissionen, im Gegensatz zu Fahrverboten, außerdem großflächig senken. Die aktuell eingeführten Fahrverbote in deutschen Städten gelten oft nur auf besonders belasteten und verschmutzten Straßen. Durch das Ausweichen auf andere Straßen, wird dann eben einfach in der Nachbarstraße emittiert – ob sich der gewünschte Effekt so einstellen wird, ist fraglich. Eine City-Maut-Zone allerdings würde im gesamten Innenstadtbereich die Emissionen verringern. Es muss dann auf den ÖPNV ausgewichen werden, der billiger ist und im Schnitt auch weniger pro Person emittiert.
Vor allem aber wird in der ganzen Debatte komplett vergessen, dass auch Benziner keine Unschuldslämmer sind. Ist der Diesel zwar Vorreiter beim Emittieren von Stickstoffoxiden, emittieren auch Benzin-Wagen in hohem Maße gesundheitsschädlichen Feinstaub. Und durch ständigen Reifenabrieb trägt sowieso jedes Fahrzeug zu Feinstaubemissionen bei. Niemand kann garantieren, dass in Zukunft nicht auch Benzin-Fahrverbote eingeführt werden. Die Konsumentinnen und Konsumenten würden allein durch Fahrverbote also weiterhin in Ungewissheit über Konsequenzen und ihre Rechte gelassen werden. Eine City-Maut hält stattdessen jedem Fahrer, ganz egal ob Diesel- oder Benzinwagen, die wahren sozialen Kosten der Fahrt vor Augen.
Eine emissionsabhängige City-Maut, die nach Kraftstoffklasse und Fahrzeugart differenziert, würde verursachergerecht jedem den korrekten Preis der Grenzkosten der Fahrt entgegensetzen. Die Einnahmen, die staatliche Behörden durch die Maut generieren, sollten in Infrastruktur und ÖPNV-Verbesserungen investiert werden. Nur durch ein effektives ÖPNV-Netz ist die Funktionsfähigkeit einer City-Maut garantiert. Beispielhaft für eine emissionsabhängige, effektive City-Maut, kann der Ecopass in Mailand betrachtet werden. Von 2008-2011 verringerten sich so die Feinstaubemissionen in der mailändischen Innenstadt um 15% und außerdem konnte gleichzeitig der Weg zu einer „grüneren“ Fahrzeugflotte geebnet werden (Kodukula und Morandini, 2013).
Autorin: Leonie Grob